Soziale Netzwerke gehören für die meisten Internet-Nutzer zum Alltag. Wir tauschen uns mit Freunden, Kollegen und Familie aus und sammeln neben Katzen-Fotos Unterhaltung auch Informationen zu Politik und Tagesgeschehen. Völlig normal, dass wir uns so eine kleine Netz-Welt schaffen, die unsere Vorlieben und Interessen bedient und dabei nicht zwingend alle Seiten einer Medaille beleuchtet. Doch nicht alles, was geschrieben, geteilt und geliked wird, ist vertrauenswürdig. Ein spannendes TV-Experiment mit Autor und Netz-Experte Sascha Lobo geht jetzt genau diesen Aspekten und Mechanismen auf den Grund: Die zdf-neo-Produktion „manipuliert“.
Vom Blog in die weite Welt
Facebook und Twitter, Instagram, YouTube, Pinterest, flickr, Xing oder auch Snapchat und 9GAG – ich setze jetzt einfach mal voraus, dass sich jeder, der diesen Text hier liest, auf irgendeinem dieser Kanäle herumtreibt. Vielleicht seid ihr sogar darüber auf mein Textchen aufmerksam geworden … Entweder, weil ihr mich kennt, meiner Seite folgt oder aber jemand, den ihr kennt, hat den Beitrag vielleicht bei Facebook mit gefällt mir markiert. In meinem Fall bewegen sich solche Mechanismen meistens in einem überschaubaren Rahmen. Doch das weiß man vorher nie. Je mehr Menschen einen Beitrag lesen, liken und teilen, desto schneller verbreitet er sich. Völlig unabhängig davon, ob ich hier seriöse Dinge schreibe, mich mal gepflegt auskotze oder totalen Unsinn verbreite (was ich natürlich nie tun würde oder nur ein ganz bisschen vielleicht).
Wie Facebook & Co. unsere Welt beeinflussen
Nehmen wir aber einfach mal noch bedeutendere Themen als die, die ich hier im Allgemeinen so beleuchte: Politik, Weltgeschehen, Kultur, meinetwegen auch Klatsch über Prominente aller Art. Themen, die richtig viele Menschen betreffen und bewegen. Egal, ob sie verzerrt dargestellt sind oder komplett erfunden – heiße News fackeln schneller durch das Netz als jeder Waldbrand. Das führt regelmäßig dazu, dass Prominente betrauert werden, die sich bester Gesundheit erfreuen, im nächsten Moment regt sich die halbe Nation über irgendwelche angeblichen Sozial-Schmarotzer, Tierquäler oder Ungerechtigkeiten aller Art auf. Natürlich gibt es all diese Dinge, aber eben nicht zwingend so, wie sie im Netz geschildert werden.
Eine andere Sache sind (politische) Meinungen und Kampagnen. Hier geht es nicht allein um den Wahrheitsgehalt, sondern vor allem darum, möglichst viele Menschen von der eigenen Position zu überzeugen. Es gibt z. B. viele Experten, die sicher sind, dass Donald Trump nur dank geschickt-gestreuter Informationen in sozialen Netzwerken US-Präsident werden konnte.
manipuliert – Das TV-Experiment
Wie solche Dinge genau funktionieren, wie jeder von uns durch Informationen bei Facebook & Co. beeinflusst oder eben manipuliert werden kann, untersucht nun Sascha Lobo im TV-Experiment „manipuliert“ bei zdf neo. Um zu verstehen, was der Journalist, Blogger und Social-Media-Experte da genau tut, habe ich mir die Sendung vorab angeschaut.
Lobo erklärt zunächst ein paar psychologische Hintergründe und Fachbegriffe, die ihr auch auf seiner Diskussionsseite zur Sendung in Ruhe nachlesen könnt. Grob umrissen geht es darum, dass der Mensch dazu neigt, sich einer weit-verbreiteten Meinung anzuschließen, mit dem Strom zu schwimmen. In diesem Fall einem Strom aus likes und shares. Im weiteren Verlauf der Sendung führt Sascha Lobo mit einigen Freiwilligen Experimente hierzu durch. Darunter Blogger und sogenannte Influencer, also Menschen, die sich in den sozialen Netzwerken vermeintlich auskennen und zumindest wohlfühlen.
Experimente und Erkenntnisse
Vom Fitness-Influencer bis zum Politik-Blogger bietet die Gruppe eine bunte Mischung aus Menschen, Meinungen und Ansätzen. Die Teilnehmer müssen verschiedene Fragen beantworten und selbst Einschätzungen zu Beiträgen aus dem Netz abgeben. Überraschend oder nicht: auch diese vermeintlichen Netz-Kenner lassen sich von Beiträgen mit (manipulierten) hohen Like-Zahlen beeindrucken, oder eben beeinflussen. Es gelingt ihnen nicht problemlos, Fake-News von echten Nachrichten zu unterscheiden. Und so wird schnell klar: Es sind nicht immer nur die anderen, die auf unseriöse Beiträge reinfallen. Das kann fast jedem von uns täglich passieren.
Der Straßencheck …
Spannend auch Lobos Straßencheck. Bei einer Demonstration sucht er das Gespräch mit politisch rechten Teilnehmern ebenso wie mit dem linken Lager. Er befragt beide Seiten zu einem Foto, das auch auf Facebook schon für sehr gegensätzliche Zwecke verwendet, bzw. missbraucht wurde, und erhält völlig unterschiedliche Aussagen zu dem eigentlich harmlosen Bild. Ein schönes Beispiel dafür, dass wir uns oft genau die Beiträge (im Netz) suchen, die unsere Meinung bestätigen, dabei aber vielleicht vergessen, auch mal über den Tellerrand zu schauen – oder zumindest zu realisieren, dass die Welt eben in Summe bunter ist, als wir es in unserer Filterblase wahrnehmen.
manipuliert – mein Fazit
Nachdem ich den Trailer zur Sendung gesehen hatte, war mir zunächst nicht so ganz klar, was Lobo und sein Team genau vorhaben. Er ist für meinen Geschmack einen Hauch zu dramatisch aufgemacht:
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Zum Glück habe ich mich dann aber auf die ganze Sendung eingelassen. Sascha Lobo erklärt sehr gut, worum es ihm geht, die Experimente zeigen deutlich, welche Tücken das Netz aufweist. Auch wenn ich einige der Versuchsanordnungen noch für verbesserungswürdig halte, ergibt sich ein gutes Gesamtbild. Erste Ansätze für einen (verantwortungs)bewussteren Umgang mit Social Media kommen zur Sprache – klar wird aber: hier gibt es noch viel Diskussions- und Optimierungsbedarf. Umso schöner, dass es eben die begleitende Seite zur Sendung gibt, auf der Lobo sich dem Gespräch stellt. Mit jedem, der seine Meinung oder Fragen konstruktiv vorbringt. Hut ab und Respekt für ein spannendes Experiment sowie den reflektierten Umgang damit!
Infos zur Sendung:
manipuliert –Donnerstag, 18. Mai 2017, 23.00 Uhr, zdf neo
oder im Netz unter: www.zdf.de/dokumentation/manipuliert
Sascha Lobos begleitende Seite findet ihr unter: www.manipuliert.de
Schaut euch Sendung und Seite doch mal an und lasst mich gern wissen, wie ihr die Sache seht! Ich freu mich drauf