Für die Einen ist er ein uralter Hut, äh Zug, andere finden ihn total langweilig. Für mich und meine Gang war die erste Reise mit dem Autozug extrem spannend und vor allem überraschend, überraschend wunderbar! Nach 2500 Kilometern quer durch Deutschland und Österreich beschlossen wir, am Ende eines dreiwöchigen Urlaubs, die letzte Etappe von München nach Hamburg mit dem Autozug zu bestreiten. Ich buchte die günstigste Variante, sprich drei Plätze im Liegewagen für 356,50 Euro. Doch zwei Tage vor dem großen Ereignis vergrößerte sich die Reisegruppe spontan. Hinzu kamen 850 Gramm inklusive Fell und Transportbox: Eine Minikatze. Unbestritten ein extrem-cooles Urlaubs-Andenken. Die Sache mit dem Autozug verkomplizierte sich dadurch allerdings gewaltig …

Das Katzi

kindermitkatzeNachdem ich zunächst völlig naiv angenommen hatte, es wäre wohl kaum möglich, das Katzi, wie es zu dem Zeitpunkt noch hieß, überhaupt im Zug mitzunehmen, stellte sich nach leichter Recherche heraus, dass dies ein Irrglaube war. Schon mal gut. Nicht mal ein eigenes Ticket war nötig. Sehr wohl aber ein eigenes Abteil für uns vier. Also Nic, nebst menschlicher Nachkommen (6 & 9) und eben Katzi. Die Umbuchung entpuppte sich jedoch als echte Herausforderung. Naja, ich gebe zu: vielleicht hätte ich das Kleingedruckte erst lesen sollen. Aber das kann schließlich jeder. Nachdem sich das Online-Portal der Deutschen Bahn standhaft weigerte, besagte Umbuchung vorzunehmen, beschloss ich, erstmal zu schauen, ob noch ein ganzes Abteil frei wäre. Es war, also buchte ich das einfach, in der – extrem-naiven – Annahme, die erste Buchung danach wieder stornieren zu können … Der aufmerksame Leser kann es sich schon denken: Ich saß plötzlich mit zwei Buchungen, einer Gesamtrechnung von 825,50 Euro sowie diesem blanken Entsetzen im Gesicht irgendwo in Österreich und konnte mich irgendwie gar nicht so richtig darüber freuen, dass ich jetzt theoretisch mit 8 Personen, zwei Autos und einer Katze würde reisen können …

Kleingedrucktes kann jeder

Das Online-System der Bahn gestattet Umbuchungen nämlich nur bis sieben Tage vor Reiseantritt. Hatte ich wohl beim Nicht-Lesen des Kleingedruckten übersehen. Und, wie das in solchen Momenten so ist, gelang es mir auch nicht mehr, jemanden vom Autozug-Team der Deutschen Bahn an die Strippe zu bekommen. Ich investierte also vergeblich noch ein paar Euros in internationale Telefongespräche mit Automaten-Stimmen, die mir freundlichst erklärten, dass um 22.01 Uhr leider niemand mehr Zeit für meine Probleme hätte…

Was blieb mir anderes übrig, als zwei freundliche Mails an besagtes Team zu senden, ein paar kühle Gläser Wein zu trinken und mir immer wieder zu sagen: Es ist ja nur Geld, das schlimmste, was passieren kann, ist, dass du ein paar Hundert Euro in den Sand setzt! Schlafen konnte ich – trotz dieser beruhigenden (?) Erkenntis nicht wirklich. Als ich am nächsten Morgen endlich einen neuen Telefon-Angriff auf die Bahn starte, hatte ich immerhin schon mal Augenringe für acht Personen und zwei Autos. Dann allerdings trat der Held des Tages auf den Plan: Herr Feucht vom Autozug-Team durfte meinen Anruf entgegennehmen. Das heißt, mir zunächst dabei zuhören, wie ich einfach mal in Tränen ausbrach – ein paar Hundert Euro sind doch Tränen wert, oder??? Ich erklärte ihm, wirklich schlimmes getan zu haben, im Stile von: *ichhabechtmistgebautestutmirsoleidschniefaberdaswarwirklichdummvonmirschnüff*

Auf ewig unvergessen: Herr Feucht

auf geht's
auf geht’s

All das brachte Herrn Feucht nicht aus der Fassung, er hielt kurz Rücksprache mit seinem Vorgesetzten (ich jammerte noch etwas von: machen sie schnell, ich bin im Ausland) und freute sich dann, meine zweite Buchung – ohne Extra-Kosten – wieder stornieren zu dürfen. Das löste zwar noch nicht mein Katzi-Problem, aber immerhin war ich schlagartig wieder um 469 Euro reicher. Und als kleines Bonbon riet Herr Feucht mir noch, ich solle einfach mit dem Personal am Zug über ein eigenes Abteil verhandeln, dann würde vielleicht doch noch alles gut. Während ich noch überlegte, Katzi einfach in meiner Handtasche in den Zug zu schmuggeln und zwanghaft versuchte, mich in einem Dinosaurier-Park zu amüsieren, klingelte das Telefon schon wieder. Es war – richtig – Herr Feucht – Er habe meine Mails vom Abend vorher gelesen und da ich mit Haustier reisen wolle, würde er eine Ausnahme machen und die streng-verbotene Umbuchung vornehmen.

Mal ganz ehrlich – hat irgendjemand von Ihnen und euch schon mal soviel Nettigkeit und Service bei der Bahn – also DER Deutschen Bahn – erlebt?? Ich nicht, das heißt, jetzt schon, aber nicht in den 42 Jahren davor. Nun aber endlich zum eigentlichen Ereignis. (Sie sind doch hoffentlich noch bei mir?)

Tschüss Auto!Was soll ich sagen: Die Erwartungen, die Herr Feucht mit seiner Freundlichkeit geweckt hatte, wurden nicht nur erfüllt, nein, sie wurden ganz eindeutig übertroffen! Angefangen beim netten Verlade-Menschen, der gegen alle Vorschriften, mein Auto auf den Zug fuhr, damit ich Kinder und Katzi bewachen konnte. Als er mit dem Corsa davon rumpelte, rief er mir noch fröhlich zu: „Sie haben doch unterschrieben, dass ich das Auto jetzt demolieren darf, oder?“

Auch unsere persönliche Zug-Begleiterin war ausgesprochen nett. Sie rauchte sogar eine heimliche Zigarette mit mir außerhalb der 300 m-entfernten gelben Raucherzone, damit ich Katzi und Kinder im Auge behalten konnte, die derweil durch das Abteil turnten. Als es endlich losging, befragte sie uns nach unseren Getränke-Wünschen für das Frühstück und entschuldigte sich schon mal dafür, dass wir um 6.15 Uhr geweckt werden würden. Sie sei außerdem die ganze Nacht für uns da, wenn wir Fragen oder Probleme hätten. IMG_5592Ok, ich schlief auch diese Nacht nicht wirklich. Einer aus meinem Team war nämlich immer wach und verwickelte mich in freundliche Gespräche über die vorbeiziehende Landschaft, die Geräusche, die der Zug machte oder darüber, WIE süß Katzi doch sei. Auch sind die Liegen in so einem Liegewagen nicht im eigentlichen Sinne bequem. Bequemer als selbst fahren sind sie aber allemal. Und nach all dieser unerwarteten Freundlichkeit wäre ich auch mit einem Stehplatz noch glücklich gewesen!

An dieser Stelle bleiben mir nur noch ein extra-fetter Dank an Herrn Feucht, ein paar Lichtbildbeweise und ein Link auf das Online-Portal des Autozugs: www.db-autozug.de Wir kommen wieder!! (Und – nur für den Fall, dass sich jemand fragt: NEIN, ich bin nicht von der Bahn für diesen Beitrag bezahlt worden. Und eine Umbuchungsgebühr von 15 Euro haben wir auch brav bezahlt).

Lesetipp: Weitere spannende Geschichten, rund um das Bahnfahren, gibt es bei Teilzeitreisender.de

Das Katzenbaby im Autozug
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16 Kommentare

    1. So ist es, lieber Gerhard! Schön, dass du uns hierher gefolgt bist. Maunz ist ja inzwischen schon ein Jahr alt und hat noch einen Kollegen bekommen. Und der alte Blog ist jetzt endgültig gelöscht. Damit es keine weiteren Verwirrungen mehr gibt :)

    1. Ach was, das ist schon in Ordnung. Die Maunz, wie sie intern genannt wird, durfte ja auch nur einmal zwecks Import aus Österreich mit. Seitdem reisen wir ohne sie :)

  1. Was eine coole Geschichte. Ich hab bisher 80 % tolle Geschichten in der Bahn erlebt, und nein, auch ich werde nicht von der Bahn bezahlt. Ich find es immer spannend, mal nicht selbst zu fahren, und vor allem, wenn man auf 1000 Sachen gleichzeitig achten muss, ist das echt praktisch!

  2. Pingback: Nic mag Maunz

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