Vor ein paar Tagen ist Pierre Brice gestorben. Er war eine Legende, Winnetou, auf ewig unvergessen. Die Zeitungen voll von Erinnerungen an sein Leben. Der Schauspieler wurde 86 Jahre alt. Ich weiß nicht, wo wir hingehen, wenn wir die Erde verlassen. Vielleicht aber steht Pierre Brice tatsächlich da oben, irgendwo im Himmel und füllt seine Anmelde-Papiere aus. Vielleicht steht er dort gemeinsam mit Heiko. Denn Heiko ist auch gegangen. Er wurde 45 Jahre jung. Keine Zeitung der Welt wird sich die Mühe machen, einen Nachruf auf ihn zu verfassen. Also übernehme ich das!
Ein Esel und so viele Erinnerungen
Es ist fast 40 Jahre her, da wurden Heiko und ich gemeinsam eingeschult. Hier in meiner kleinen Heimatstadt. Wir wurden Freunde und verbrachten während der Grundschuljahre viel Zeit miteinander. Auf dem Hof von Heikos Eltern. Ich habe so viele schöne Erinnerungen an diese Zeit. Wir tranken Kakao im gegenüberliegenden Garten-Center, spielten Familie im Schuppen hinter dem Haus und wir betüddelten Don Fernando. So hieß der Esel, der Heikos Familie gehörte. Mein halbes Leben lang sprach ich immer wieder davon, irgendwann einen eigenen Esel haben zu wollen. Im Laufe der Jahre vergaß ich, wie dieser Wunsch ursprünglich entstanden war. Heiko erinnerte mich wieder daran. Im vergangenen Herbst, als unsere Wege sich wieder kreuzten. Da war Heiko schon krank.
Nach der Grundschule waren wir in verschiedene Richtungen gegangen. Rund 30 Jahre hatten wir keinen Kontakt. Heiko lebte ein völlig anderes Leben als ich. Man könnte sagen, er ließ nichts aus. Und doch, als wir uns schließlich wiedertrafen, war da immer noch eine Verbindung. Wir redeten stundenlang. Es war beeindruckend, wie viele kluge und reflektierte Gedanken hin- und herflogen. Er erzählte mir mit viel Liebe von den Menschen, die ihm etwas bedeuteten, vor allem seinen Kindern, auf die er so stolz war. Einmal besuchte ich Heiko im Krankenhaus. Er bekam seine Medikamente, überprüfte die Zahl der Tabletten und bat die Ärztin zum Gespräch – tatsächlich war ein Fehler unterlaufen. Heiko grinste und meinte nur: „Ich habe so viele Jahre als Kfz-Mechaniker gearbeitet, das ist nicht so viel anders als das hier, man muss aufpassen.“ Im Schnelldurchlauf erzählten wir uns eine Zusammenfassung dessen, was in den vielen Jahren geschehen war, in denen wir keinen Kontakt hatten. Ich war überzeugt davon, Heiko würde sehr alt werden. Ich habe mich getäuscht.
„Ich lebe meinen Punk so wie ich das will“
Ich bin 44. Und ich habe keine Erfahrungen damit, wie es ist, einen Menschen zu verlieren. Deshalb weiß ich nicht, was ich jetzt denken oder tun soll. Das Leben geht weiter. Draußen zwitschern die Vögel. Nur Heiko ist nicht mehr da. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er keine Tränen möchte. Nicht von mir und auch sonst nicht. „Ich lebe meinen Punk so wie ich das will“ – das war Heikos Motto. Irgendwie mag ich die Vorstellung, dass er davon genau jetzt in diesem Moment Winnetou erzählt.
Mach’s gut Heiko!
Übrigens: Heiko hat lange eine facebook-Seite gepflegt, auf der er von seiner Krebs-Erkrankung erzählt hat. Ihm war wichtig, dass das Thema eine breite Öffentlichkeit bekommt. Es gibt noch viele andere Menschen da draußen, die mit der Krankheit kämpfen und sich über Unterstüzung jeder Art freuen. Und, falls ihr es noch nicht getan habt: Registriert euch als Knochenmarkspender bei der DKMS – jeder kann Leben retten, zumindest, wenn es sich um Blutkrebs handelt. Hier geht es lang: DKMS