Freunde der gepflegten Unterhaltung. Ich bin sehr stolz, euch heute den Beitrag einer prominenten Gastautorin ans Herz legen zu dürfen. Sandra Girod, die Autorin von „Nenn mich nicht Hasi“, berichtet exklusiv für nicmag von einer Klamottentauschparty. Und wenn ich das so lese, bekomme ich direkt Lust, es auch mal auszuprobieren. Aber seht selbst:

Die Katharsis des miesen Karmas

Klamottentauschparty
Klamottentauschparty

Klamottentauschpartys sind für mich der Inbegriff weiblicher Befreiung. Dabei sind sie echt einfach gemacht. Man nehme: Sechs bis acht Frauen, gern mit unterschiedlicher Haarfarbe und verschiedenen Konfektionsgrößen. Des Weiteren: ein Zimmer mit großem Spiegel, die Telefonnummer eines Lieferservices, diverse Kaltgetränke und schließe dann die Vorhänge. Gerade, wenn man einmal nicht so gut drauf sein sollte, sind diese Partys ein wunderbares Mittel zur sofortigen Stimmungsaufhellung. Die Katharsis des miesen Karmas beginnt nämlich schon beim Sichten des eigenen Kleiderschranks. Vor meiner letzten Klamottentauschparty inspizierte ich mein Textilsortiment und befüllte dann eine große, blaue IKEA-Tüte mit folgenden Kleidungsstücken: Ein hundefutterbraunes T-Shirt, ungetragen, mit Preisschild.  Eine weiße Bluse, unter der sich jeder BH abzeichnet. Eine Jeans von Calvin Klein, die selbst nicht passte, als ich sie mir für ein kleines Vermögen gekauft hatte. Ein seidenes Sommerkleid in Kanariengelb. Riemchensandalen mit Pfennigabsätzen, wegen derer ich auf einer recht vornehmen Party hatte barfuß tanzen müssen. Eine Cordhose, die beim Gehen quietscht. Ein wagenradgroßer Sonnenhut vom Mittelmeer. Und, und, und … Endlich wieder Platz!

Das Gefühl fetter Beute

Irgendwo habe ich mal gelesen: Eine Frau trägt höchstens 20 Prozent aller Klamotten, die in ihrem Kleiderschrank hängen. Der Rest wird zum Staubfangen verwendet. Und obwohl ich weiß, dass ich ja eigentlich genug Plunder besitze, gehe ich weiter shoppen. Weil ich mich gerade geärgert habe. Weil das Wetter schlecht ist. Weil ich mal eine Stunde über habe.  Weil  meine Schwiegermutter zu Besuch kommen möchte. Weil sie wieder abgereist ist. Weil … na, weil es jedenfalls vorübergehend ein schönes Gefühl ist, irgendwelche Beutegüter nach Hause zu schleppen.

Busen oder Beine?

Journalistin, Autorin und Klamottentauschparty-Expertin – nicmag-Gastautorin Sandra Girod
Journalistin, Autorin und Klamottentauschparty-Expertin – nicmag-Gastautorin Sandra Girod

Psychologen behaupten, die Lust kleiner Mädchen am Verkleiden beginne mit dem dritten Lebensjahr. Über die Frage, wann sie wieder endet, schweigt die Wissenschaft. Mit Sicherheit entwickeln die meisten Frauen über die Jahre ihren eignen Stil. Vielleicht nicht so konsequent wie Angela Merkel, die ihren Hosenanzug in mindestens 365 Farb-Varianten besitzt und sich nur zu den Bayreuther Festspielen in einem etwas gewagteren Fummel zeigt.

Aber irgendwie findet man im Laufe der Zeit seine persönlichen Antworten auf kleiderschrankprägende Fragen wie:

Blumig oder einfarbig? (In meinem Fall: einfarbig)
Schwarz oder rot? (schwarz)
Lang oder kurz? (kurz)
Busen oder Beine? (Beine)
Hose oder Rock? (im Winter Hose, im Sommer Rock).

Nur: Müssen diese Antworten auf ewig in Stein gemeißelt sein?

Klamottentauschparty: Halbnackt im Tauschrausch

„Und hier haben wir ein schlichtes Abendkleid mit raffiniertem Rückenausschnitt und Schlitz bis zum Hintern. Mördersexy!“, pries die Gastgeberin der letzten Klamottentauschparty einen waffenscheinpflichtigen Fummel an und hielt ihn in die Höhe. „Das Kleid habe ich mir mal in einer Boutique in Baden-Baden gekauft“, sagte die Frau neben mir als ich interessiert meinen Arm hob. „Vor sechs Jahren. Aber jetzt sehe ich darin aus wie Wurst in Pelle.“ „Und hier ein T-Shirt in Größe 38 von Esprit – nigelnagelneu – sogar noch mit Preisschild dran“!
Als der Pizzabote klingelte, sprangen wir bereits alle in Unterwäsche im Wohnzimmer hin und her und schmissen uns die Klamotten zu. „Probier doch mal das rote Kleid an. Das steht dir bestimmt. Jürgen hat dieses Teil immer so an mir geliebt. Aber an diesen Schweinehund will ich wirklich nicht mehr erinnert werden!“

In gute Hände abzugeben

Es gibt tausend Gründe, warum man einen Fummel nicht mehr anzieht: Weil man vor Liebeskummer so dünn geworden ist. Weil man nach der Geburt der Kinder dicker geworden ist. Weil einem der Ehemann gesagt hat, das Muster des Kleides sähe aus wie der Polsterbezug einer Billigfluglinie. Weil …
Und es gibt ebenso viele Gründe, weshalb man den abgeliebten Plunder nicht einfach entsorgen möchte, sondern ihn lieber in neue, gute Hände abgibt: Weil der Fummel mal so teuer war. Weil man ihn vor zehn Jahren auf einem Pferde-Derby getragen hat. Oder auf der Hochzeit der besten Freundin.

Bücher oder Popcorn?

geheimnisvolle Schoenheit – Wunder Klamottentauschparty
geheimnisvolle Schoenheit – Wunder Klamottentauschparty

Ich bin jetzt für alle Eventualitäten gerüstet. Meine Ausbeute von der Party: Zwei hochgeschlitzte Abendkleider, mördersexy.  (Bayreuth, ich komme!) Ein grünes Pailletten-Top mit einem Ausschnitt bis zum Bauchnabel. Ein Leo-Print-Shirt mit Fellbesatz … Viele Klamotten zum Spielen, Experimentieren und Verkleiden. Wenn ich mit der Schreiberei nicht mehr weiter komme, kann ich jetzt auch im Zirkus Popcorn verkaufen. Einziger Nachteil: Mein Kleiderschrank platzt schon wieder aus allen Nähten.

 

Sandra Girod ist Journalistin und Autorin. Sie arbeitete u. a. für die Frauenzeitschriften Petra, Für Sie und als leitende Redakteurin bei Laura. Ihr erster Roman „Nenn mich nicht Hasi“ erschien jüngst bei Blanvalet. Der zweite ist in Arbeit. Sie lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

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9 Kommentare

  1. Haha, so eine Klamottentauschparty muss ich unbedingt auch mal mit meinen Mädels veranstalten!
    Auch wenn wir alle ziemlich unterschiedlich sind in Körpergröße und Statur, wäre so eine Tauschabend mit Prosecco und Pizza schon ziemlich lustig.
    Kann mir übrigens gut vorstellen, dass diese Lust nach Verkleidungen schon im Kleinkindalter beginnt. Ich weiß noch wie ich als kleines Mädchen immer den Kleider- und Schuhschrank meiner Mutter plünderte, dass war immer ein ziemliches Chaos danach. :D

    Tja und wenn man dann am Ende eines solchen abends mit einen Grinsen von einem zum anderen Ohr und voller Einkaufstüte nach Hause geht, dann ist die Welt eindeutig wieder in Ordnung. :)
    Liebe Grüße, Selina

    1. Genau das ist auch ein bisschen meine Sorge, also die verschiedenen Größen und Staturen. Aber Sandra schreibt ja, genau so soll es sein. Ich vermute, wir haben fast alle Sachen im Schrank, die aus dem einen oder anderen Grund gar nicht (mehr) passen. Und genau die sind dann perfekt für die anderen ;)

  2. Liebe Selina, liebe Nicole,

    wenn man als Normalfrau in eine reine Elfentruppe mit Victoria-Beckham-Figuren gerät, wäre das natürlich blöd. Aber eigentlich funktioniert’s.

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